Erst kürzlich musste ich wieder mit Erschrecken feststellen, welche Durchsetzung die Software aus Redmond in unserem Land doch hat. Eine Freundin von mir besucht derzeit die Fachoberschule und musste für das Fach Informatik ein Referat zum Thema Excel anfertigen. Excel… Wieso nicht allgemein Tabellenkalkulation? Hier werden Schüler dazu gezwungen, sich Software zu kaufen, die für einen normalen Schüler nahezu unerschwinglich ist. Auch 129,- EUR, die die SSL (Schüler, Studenten, Lehrer)-Version des Softwarepakets kostet, sind für einen Schüler eine Menge Geld. Was dazu führt, dass viele (alle?) Schüler sich das Office-Paket auf nicht ganz legalen Wegen besorgen. Und Microsoft beschwert sich über die zahlreichen Raubkopien. Dabei gibt es doch kostenlose Varianten, wie das OpenOffice.org. Wieso werden diese in Schulen nicht eingesetzt? Das würde auch den Schulen eine Menge Geld ersparen. Wenn man das Ganze noch weiter spinnt: wieso wird kein Linux auf Schulrechnern eingesetzt?
Folgende Antwort erwarte ich zumeist darauf: weil in Betrieben nun mal auch das Microsoft Office (und somit natürlich auch Microsoft Windows) eingesetzt wird. Und warum ist das so? Klar, das Office-Paket von Microsoft ist schon seit ewig und drei Tagen auf dem Markt präsent und kann so ohne weiteres auch nicht aus den Betrieben rausrationalisiert werden. Aber woran liegt das? Ganz einfach daran, dass in Schule und Lehre durchgängig die Office-Anwendungen aus dem Hause Microsoft verwendet werden. Und gerade dann, wenn Entscheider mit der Microsoft-Software “groß geworden sind”, wird natürlich niemand von denen auf die Idee kommen, eine Alternative einzuführen. Außer, es handelt sich um überzeugte Open Source-Verfechter. Und die finden sich außerhalb des Informatikbereichs wohl eher selten. Gerade einem BWLer beizubiegen, dass kostenlose Software auch gut sein kann, stelle ich mir dezent schwierig vor.
Leider sieht die Situation an meiner Fachhochschule nicht besser aus, obwohl ich im Fachbereich Informatik bin. Wir haben nicht mal die Möglichkeit, beim Einschalten der Rechner in den Poolräumen oder im Rechenzentrum zu wählen, ob wir vielleicht lieber mit Linux anstelle von Windows arbeiten wollen. Auch eher unschön fand ich, dass wir für ein gewisses Labor eines gewissen Professors unbedingt das Microsoft Visual Studio nutzen mussten. Begleitmaterialien mussten unbedingt im Excel-Format vorliegen. Und das Ganze musste natürlich unter Microsoft Windows erledigt werden. “Argh”, sag ich da nur. Gerade wir Informatiker sollten doch die freie Wahl haben, welche Tools wir verwenden. An einer (Fach-)Hochschule sollte es das Ergebnis sein das zählt und nicht der Weg. Es heißt ja schließlich Wissen*schaft* und nicht Wissensnutzung. Gerade im Bereich Softwareentwicklung/Programmierung gibt es eine wahnsinnig große Anzahl an Tools, auch im Open Source-Bereich. OK, wir müssen für die Microsoft-Anwendungen nichts zahlen, aber die FH muss es. Was das an Studiengebühren einsparen würde…
Würde in der Lehre konsequent versucht werden, die Anwendungen aus Redmond gegen kostenfreie oder ‑günstigere Alternativen auszutauschen, würden diese sich vielleicht auch endlich in Betrieben durchsetzen. Die derzeitige Gegenargumentation läuft größtenteils darauf hinaus, dass für die Umschulung der Mitarbeiter mehr Geld ausgegeben werden müsste, als die fehlenden Lizenzkosten einsparen würden. Das mag sicherlich so richtig sein, würden Schulen (und Fachhochschulen/Universitäten/Ausbildungsbetriebe) aber schon während der Ausbildung der Nachwuchskräfte sich konsequent gegen Microsoft stellen, wäre in wenigen Jahren dieses Argument obsolet.
Die britische Schulbehörde beispielsweise rät von einer Migration auf Windows Vista ab. Aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Das neue Betriebssystem aus dem Hause Microsoft kommt mit massiv höheren Hardwareanforderungen daher. Für den Privatanwender mag es ok sein, sich alle zwei bis drei Jahre einen neuen Rechner hinzustellen, für Behörden oder Betriebe hingegen steht diese Option im Normalfall nicht zur Debatte. Davon abgesehen, wären genau die Benutzer, die eine Umstellung vom Microsoft Office auf das OpenOffice.org nur mithilfe einer Schulung überstehen würden, auch diejenigen, die eine Umschulung auf Windows Vista bräuchten. Auch wenn sich nicht so viel geändert hat, aber die Unterschiede in der Verwendung vom OpenOffice.org und Microsoft Office sind auch eher marginal.
Um also Microsoft im großen Maße Konkurrenz zu machen, müsste schon in der Ausbildung damit begonnen werden, aufzuzeigen, dass es auch durchaus Alternativen zu der sicherlich nicht schlechten, aber recht teuren und bestimmt nicht ultimativen, Software aus Redmond gibt. Vielen, auch jungen Menschen, sagen Begriffe wie “Linux” und “OpenOffice.org” rein gar nichts, was meiner Meinung nach grundlegend geändert werden sollte. Zu Beginn meines Studiums musste ich vielen meiner Kommilitonen erst mal erklären, dass es tatsächlich Alternativen zur Software von Microsoft gibt. Und das, obwohl diese ebenfalls Informatik studieren.
Deutsche Schulen sollten sich dem Beispiel der britischen Schulbehörde anschließen und prüfen, ob es nicht sinnvoller wäre, das Geld für eine “Aufrüstung” auf Windows Vista zu sparen und lieber in sinnvollere Maßnahmen zu investieren. Die Neuerungen in Vista gegenüber XP rechtfertigen meiner Meinung nach keinen Austausch der kompletten IT. Weder in einer Schule, noch in einem Betrieb…