Ich wollte meinem stromfressenden und viel zu lauten Fileserver endlich einen Tritt verpassen und ihn ausrangieren. Also mache ich mich auf die Suche nach einer besseren Lösung, wie beispielsweise einem NAS. Da ich das Ding unter anderem als Backupsystem nutzen wollte, sollte es natürlich zuverlässig und auf den Dauerbetrieb ausgelegt sein. Nach einiger Recherche und einem kleinen Schock, was selbst kleine Systeme so kosten können, bin ich auf die IcyBox IB-NAS4220‑B von Raidsonic gestossen. Der Preis von gerade mal 129,- € macht klar: es handelt sich um eine Consumerlösung. Da mein Budget aber für eine professionelle Lösung einfach nicht genügt, musste ich mich wohl damit abfinden, dass ich ein Lowend-Gerät kaufen muss.
Erst mal zu den positiven Seiten des Geräts:
Es verfügt hardwareseitig über die Möglichkeit, bis zu zwei (SATAI/II-)Festplatten einzubauen und diese in diversen RAID-Modi laufen zu lassen (RAID0, RAID1, JBOD), funktioniert aber auch mit nur einer Festplatte. Außerdem besitzt es eine Gigabit-Schnittstelle. Der kleine, temperaturgesteuerte 40 mm-Lüfter ist angenehm leise.
Es bringt eine Menge wichtiger und sinnvoller Serverdienste bereits von Haus aus mit. Da wäre einmal natürlich das allgegenwärtige und beinahe unverzichtbare SMB-Protokoll, über das man zumindest die Windows-Clients mit dem NAS kommunizieren lässt. Für unixoide Systeme bietet sich NFS an, dazu aber später mehr. Wer gern von außerhalb seines eigenen Netzwerks auf seine Daten zugreifen kann, kann hierfür FTP verwenden, leider aber unverschlüsselt. Sollte ich einen Kniff finden, wie sich der verwendete ProFTPD doch noch absichern lässt, werde ich das in diesem oder einem anderen Artikel an dieser Stelle nachreichen. Ferner kann man über eine vorhandene USB-Schnittstelle auch einen Drucker anschliessen und das NAS als Druckserver fungieren lassen. Wer noch keinen hat, kann das NAS sogar als DHCP-Server im Netzwerk fungieren lassen.
Darüber hinaus bot mir die Box gleich von Anfang an einen Zugriff via Telnet auf das installierte Linux an. Es handelt sich hierbei um eine recht stark abgespeckte Distribution, ein Aufruf von “uname ‑a” sagt mir, dass sich ein ARM-Prozessor in der Box befindet und ein Kernel 2.6.15 darauf läuft.
Außerdem befindet sich auf der Box noch ein BitTorrent-Client, den man über das Webinterface mit den Torrents füttern kann. Wer möchte, kann sein NAS auch als Mediaserver für Microsoft-Systeme (somit auch die Xbox 360) verwenden, wofür eine Lizenzgebühr in Höhe von 29,95 US-$ fällig wird. Eine 30-Tage-Testversion der verwendeten Software TwonkyMedia befindet sich aber im Lieferumfang. Für mich als Mac-User ganz toll: das Gerät kann Bonjour und bietet sogar einen iTunes-Server an. Zur Nutzung müssen die Musikdateien in der Freigabe “public” im Ordner “music” liegen. Funktioniert tadellos.
Die Inbetriebnahme gestaltete sich recht einfach: Gehäuse aufschrauben, Festplatte einbauen (bei mir kommt eine Seagate Enterprise Series mit SATAII-Interface und 500 GB Kapazität zum Einsatz), Gehäuse zuschrauben, Netzwerkkabel aufstecken, fertig. Standardmäßig versucht das Gerät, per DHCP eine IP-Adresse im lokalen Netzwerk zu bekommen und ist danach sofort via SMB sichtbar. Ein telnet auf die IP-Adresse gewährt einem Zugriff über die Konsole auf das Gerät. Jetzt muss nur noch über das (komfortable, aber recht eingeschränkte und relativ träge) Webinterface die Festplatte(n) formatiert werden. Zur Auswahl stehen hier ext2 (mit Verschlüsselung AES 128 Bit, je nach RAID-Modus), ext3 und fat32. Die initiale Formatierung meiner 500 GB großen Festplatte mit ext3 dauerte rund 20 Minuten. Wer Strom sparen möchte, kann eine Spindown-Time für seine Festplatte(n) vorgeben. Ich habe meine auf 15 Minuten eingestellt.
Ich habe direkt im Anschluss an die Grundinstallation das aktuelle Firmwareupdate von der Herstellerhomepage eingespielt und die neuen Anwendungen SSH-Server und Streamripper installiert. Der Streamripper schneidet Internetradiosendungen mit. Prädikat: nützlich. Die Installation gestaltete sich recht einfach: einfach über die Netzwerkfreigabe “public”, welche standardmäßig eingerichtet ist, die vom Hersteller heruntergeladenen .tar.gz-Dateien in den applications-Ordner kopiert, NAS neu gestartet, fertig. Nachdem ich dem Ding jetzt noch eine statische IP verpasst habe, entspricht alles meinen Vorstellungen.
Über das Webfrontend lassen sich Benutzer, Gruppen und Freigaben einrichten. Für die Freigaben kann man dann ganz genau festlegen, welche Benutzer und/oder welche Gruppen auf die Freigaben zugreifen dürfen und ob diese einen Benutzernamen und ein Passwort benötigen. Wer es ganz genau haben möchte, kann sogar nur einzelne IP-Adressen oder Adressräume zulassen.
Sehr clever: das Gerät hat an der Vorderseite einen weiteren USB-Anschluss, an den man einen beliebigen USB-Massenspeicher (mit einem vom System erkannten Dateisystem) anschließen kann. Drückt man dann auf die “OneTouch-Backup”-Taste an der Vorderseite, wird ein gepacktes Backup des Datenträgerinhalts auf dem NAS gespeichert.
Nun zu den negativen Punkten:
Die Performance ist nicht mal ansatzweise das, was man von einem Gerät mit Gigabit-Netzwerkschnittstelle erwartet. Wenn ich von meinem Mac aus Daten vom NAS lese oder schreibe, komme ich nicht über 20 MB pro Sekunde hinaus. Rein rechnerisch möglich wären 125 MB pro Sekunde. Vermutlich ist hier der kleine Prozessor ein Flaschenhals. Aber vielleicht kann RaidSonic noch ein wenig tunen, indem sie die Firmware und somit auch das installierte Linux optimieren. Das Produkt ist erst seit rund zwei Monaten erhältlich, es kann (!) sich also noch um Kinderkrankheiten handeln. Natürlich schafft auch die Festplatte bei sequentiellem Zugriff diese Traumdatenraten nicht. Ein Transfertest von meinem Mac zu meinem Windowsrechner brachte 50 — 60 MB pro Sekunde, was ja auch gerade mal in etwa der Hälfte dessen entspricht, was sich über Gigabit-LAN übertragen liesse.
Wenn viel Datentransfer stattfindet, reagiert das NAS weder über die Weboberfläche noch über eine SSH-Verbindung in adäquatem Maße. Man kann es zwar noch bedienen, wartet aber mitunter schon mal 10 Sekunden oder länger auf eine Reaktion. Dies gilt insbesondere für die Weboberfläche.
Was mir auch noch aufgefallen ist: die Angaben der Weboberfläche differieren heftigst von denen des Betriebssystems. Die Weboberfläche sagt mir, dass ich noch etwas über 31 GB an freiem Speicher auf dem Datenträger habe, ein Aufruf von df an der bash bezeugt mir aber gerade noch 8 GB an freiem Speicherplatz. Keine Ahnung, welche der beiden Angaben zutrifft. Mac OS X zeigt mir für diese Freigabe aber auch nur rund 8 GB an, wobei diese Daten wohl vom System selbst stammen.
Anzumerken bleibt mir noch, dass, laut Recherchen im Internet, gerade Samsung-Festplatten nicht unbedingt sonderlich gut mit diesem System zusammenarbeiten. Die von mir verwendete Seagate läuft tadellos, mit Western Digital-Festplatten habe ich auch schon positives im Internet gelesen.
Fazit:
In der derzeitigen Fassung hat das Gerät leider noch einige Mängel, die aber der Hersteller hoffentlich noch ausmerzen kann. Für das Geld bekommt man sehr viel und wenn die Datentransferrate nicht das ausschlaggebende Kriterium für den Kauf ist, kann man sicherlich mit dem Gerät glücklich werden. Im Betrieb (läuft bei mir seit rund 72 Stunden im Dauerbetrieb) schlägt sich das Gerät recht wacker, Instabilitäten, wie ich andernorts gelesen habe, hat sich das Gerät bisher nicht erlaubt. Die angebotenen Serverdienste laufen ausnahmslos anständig, wobei ich fairerweise sagen muss, dass ich den DHCP- und den Printserver bisher nicht getestet habe, da in meiner Umgebung keine Notwendigkeit dafür besteht.
Zum Abschluss noch zum versprochenen Kommentar zu NFS: wer unter Mac OS X einen NFS-Mount auf das NAS machen möchte, muss zwingend den Schalter ‑P anhängen, da die Verbindung ansonsten fehlschlägt. Ein kompletter Befehl zum Mounten einer NFS-Freigabe könnte also beispielsweise wie folgt lauten:
sudo mount_nfs ‑P NAS-IP-ADRESSE:/mnt/ide1/FREIGABENAME /Volumes/NFS_MOUNTPOINT
wobei NFS_MOUNTPOINT vorher händisch anzulegen ist. Erledigen kann man das mit dem Befehl
sudo mkdir /Volumes/NFS_MOUNTPOINT
im Terminal. Über die Anwendung “Verzeichnisdienste” (zu finden im Finder unter Programme/Dienstprogramme) kann man eine solche NFS-Freigabe bei jedem Systemstart sehr bequem mounten lassen. Auch hier ist der Schalter ‑P nicht zu vergessen. Zu beachten bei NFS-Mounts via Mac OS X ist auch, dass UNIX-Systeme (wie Mac OS X eines ist), nicht mit Benutzer- und Gruppennamen sondern deren IDs arbeiten. Ein Benutzer ulf auf dem Mac entspricht also mitnichten dem Benutzer ulf auf dem Linux-System (in diesem Falle dem NAS), was natürlich zu Problemen führen kann. Während für eine Datei auf dem Mac alle Rechte bei mir liegen, habe ich auf dem NAS keinerlei Rechte mehr, da die Benutzer- und Gruppen-ID auf dem NAS vollkommen unbekannt sind. Hier helfen nur Workarounds, wie das anpassen der Benutzer- und Gruppen-IDs auf einem der beiden Systeme. Eine kleine Anleitung zu diesem Thema gibt es hier.
Eine sehr schöne Seite zu diesem NAS findet ihr hier.
Und jetzt noch ein allerletzter Hinweis für diejenigen, die so wie ich Leopard einsetzen und gern das NAS als Backupvolume für TimeMachine einsetzen würden: standardmäßig erlaubt TimeMachine keine Speicherung von Backups auf Netzlaufwerken, das gilt natürlich auch für das NAS. Grund dafür ist ein Problem mit AirPort Extreme-Access Points, das zu Datenverlust führen kann. Vorsichtshalber hat Apple deshalb die Sicherung über das Netzwerk deaktiviert. Hoffentlich reaktivieren die Jungs das bei einem der nächsten Updates wieder. Wer das jetzt schon tun möchte, kann einfach folgenden Befehl im Terminal einhacken:
defaults write com.apple.systempreferences TMShowUnsupportedNetworkVolumes 1
Ein
defaults write com.apple.systempreferences TMShowUnsupportedNetworkVolumes 0
macht die Einstellung wieder rückgängig. Nach Eingabe dieses Befehls sollte eine Netzfreigabe (egal, ob über SMB oder NFS) nun auch in TimeMachine angezeigt werden. Bei mir hat dieser Kniff tadellos funktioniert, gefunden hab ich ihn bei apfelquak.
Fragen oder Anregungen bitte als Kommentar hinterlassen. Danke
[UPDATE]
Da gerade vor wenigen Tagen eine Anfrage per E‑Mail kam, möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Apple mit einem der letzten Updates von Leopard die hier beschriebenen Möglichkeiten eliminiert hat. Eine Sicherung per TimeMachine ist derzeit wirklich nur mit einer TimeCapsule oder eben einer lokal angeschlossenen externen Festplatte möglich.