Windows 7 ist nun nicht erst seit gestern auf dem Markt und trotzdem, wenn ich mir die Benutzer des Systems anschaue, behandeln sie es zumeist wie ein Windows XP oder 2000. Viele stellen gleich als erstes die Aero-Oberfläche ab (häufig mit der ziemlich fragwürdigen Begründung, sie sei zu bunt), wollen diese „furchtbare neue Taskleiste“ ausschalten und versuchen, ihr Startmenü wieder einspaltig zu bekommen. Es grenzt schon fast an Ironie, wie die Kunden Microsofts sämtliche Bemühungen das System benutzerfreundlicher zu machen torpedieren, indem sie alles deaktivieren, was man nur deaktivieren kann. Linux-Benutzern wird ja häufig vorgeworfen, sie seien Frickler. Aus meiner Sicht trifft das eher auf den „fortgeschrittenen“ Windows-Nutzer zu. Diese biegen sich nämlich alles so zurecht, wie sie es vor 15 Jahren vorgefunden haben.
Was mir nach der ersten Installation eines Windows 7 positiv auffiel war, neben der im Vergleich zu Vista deutlich erhöhten Arbeitsgeschwindigkeit, die neue Taskleiste. Das zugrundeliegende Konzept, jede Anwendung bekommt genau ein Icon, kennt man schon länger, nämlich aus der Apple-Welt, aber Microsoft hat hier noch einen Schritt weiter gedacht: hovert man das Icon, sieht man eine Miniaturansicht sämtlicher Fenster, die zu dem Icon gehören. Vorbei sind die Zeiten, in denen man dank der Taskleiste nicht sinnvoll mit mehr als 10 Fenstern hat arbeiten können. Aber was passiert? Die alteingesessenen Windows-Nutzer beschweren sich, weil sich etas geändert hat. Ich, als Unbeteiligter, freue mich, dass sich endlich mal was tut. Aber selbst die Nutzer, die sich nicht beschweren, ziehen keinen Nutzen aus dieser tollen Neuerung, sie arbeiten weiter wie gehabt. Aber woran liegt’s? Vermutlich daran, dass Microsoft niemanden auf die Möglichkeiten aufmerksam macht, die sich durch diese neue Taskleiste bieten. Welche das sein sollen?
1. Entlastung des Desktops
1.1 Und da soll man noch was finden?
Viele Windows-Nutzer legen (aus Bequemlichkeit?) einfach alles auf dem Desktop ab, was ihnen gerade so über den Weg läuft: Downloads, neu erstellte Dokumente, von Programminstallationen angelegte Verknüpfungen, temporäre Dateien und so weiter. Bei sehr vielen Anwendern ist wirklich kaum oder gar kein freier Platz mehr auf dem Desktop auszumachen. Ähnlich wie bei einem realen Schreibtisch, dessen Metapher der virtuelle Desktop ja nun mal sein soll, findet man aber ob der vielen Symbole rein gar nichts mehr wieder. Fordert man solche Benutzer aber zum Aufräumen auf, sind sie steif und fest der Meinung, das alles noch zu brauchen. Und natürlich genau dort, auf dem Desktop, weil man es da ja am schnellsten wieder findet. Was natürlich nicht der Fall ist, aber wenn man sich das erst mal in den Kopf gesetzt hat… Der Desktop wird bei den meisten Windows-Nutzern nach dem Start der ersten Anwendung vollständig überdeckt. Um jetzt an dessen Inhalt zu kommen, muss man also erst mal auf irgendeine Art und Weise für eine Minimierung der Fenster sorgen. Das kostet Zeit und Mühe. Sind alle Fenster minimiert, geht das große Gesuche los. Ist es eines der wenigen Symbole, das man wirklich ständig benötigt, geht das natürlich schnell, ansonsten braucht es eben eine Weile.
1.2 Der Schnellstartbereich ist obsolet
Aufgrund der Tatsache, dass jedes Programm ohnehin genau einen Platzhalter in der Taskleiste nach dem Start belegt, braucht die Schnellstartleiste mittlerweile wirklich kein Mensch mehr. Denn auch hier habe ich Auswüchse gesehen, die mir meine Nackenhaare haben zu Berge stehen lassen. 20 und mehr Icons in der Schnellstartleiste bei einer Symbolgröße von 16x16(?) sind wohl reichlich nutzlos. Auch hier wird man einige wenige Icons sofort zuordnen können, bei allen weiteren muss wieder gesucht werden. Der Zeitvorteil ist dahin. Aber man braucht all diese Symbole ja ständig…
1.3 Mit der Maus starten ist out
Und mittlerweile auch vollständig überflüssig. Unter Windows 7 ist der Desktop optimalerweise vollständig leer, bis eben auf den Papierkorb und die Objekte, mit denen man gerade brandaktuell arbeitet. Programme werden nicht über Verknüpfungen auf dem Desktop gestartet, sondern über den Suchbereich im Startmenü oder aber eben über Symbole in der Taskleiste, die ohnehin nach dem Programmstart auftauchen würden. Das halbe Dutzend bis Dutzend Programme, welches man am häufigsten verwendet, kann man mit einem Rechtsklick gefolgt von „An Taskleiste anheften“ dauerhaft in die Taskleiste verfrachten, wo man es dann sofort starten kann, auch wenn schon 20 weitere Fenster offen sind und den Blick auf den Desktop versperren. Sollte man nun spontan ein Programm starten müssen, das sich nicht in der Taskleiste befindet, genügt ein Druck auf die Windows-Taste und der folgenden Eingabe der Anfangsbuchstaben des gesuchten Objekts. Gerade beim durchschnittlichen Benutzer befinden sich nicht so viele Objekte auf der Festplatte, dass vermutlich schon der erste Treffer, korrekte Eingabe des Suchbegriffs vorausgesetzt, zum Erfolg führt. Ein Druck auf die Entertaste, schon wird das Programm gestartet bzw. die Datei geladen.
Die neue Taskleiste ist ja nicht das einzig neue Feature von Windows 7, deswegen sollte auch über die folgenden Themen mal nachgedacht werden:
2. „Natürlichifizierung“ des Systems
Durch die sanft ein- und ausblendenden Fenster gewinnt das gesamte System einen deutlich „natürlicheren“ Eindruck. Wir kennen solche Ansätze auch aus anderen Industriezweigen. Die Autoindustrie beispielsweise verbaut solche Techniken in Innenraumbeleuchtungen. In aktuellen Fahrzeugen ist diese nicht plötzlich an und wieder aus, sondern wird langsam heller bzw. dunkler. Auch der Energiesparmodus meines iMacs schaltet das Display nicht schlagartig dunkel, sondern verdunkelt es vorher langsam. Die Sonne ist ja auch nicht plötzlich da und weg. Genug der Beispiele, die Pointe sollte klar geworden sein.
Auch die teiltransparenten Titelleisten der Fenster tragen ihren Teil dazu bei, da durch diese der Unterschied zwischen aktiven und inaktiven Fenstern deutlich verstärkt wird. Dies wiederum führt zu einer größeren Übersichtlichkeit. Von den Fensterschatten ganz zu schweigen, diese kann ich gar nicht mehr wegdenken, sie erhöhen massiv die Plastizität der Systemoptik. In anderen Bereichen will auch niemand mehr flache, 2D-artige Objekte haben.
Die Welt ist nun mal dreidimensional, wieso sollten Betriebssystemoberflächen nicht auch etwas mehr in Richtung Dreidimensionalität weiterentwickelt werden?
3. Bessere Nutzung von Ressourcen
Ja, so paradox es klingt, ohne Benchmarks angestellt zu haben, habe ich das Gefühl, dass die Aktivierung der Aero-Oberfläche einen Geschwindigkeitszuwachs bringt. Das wäre auch naheliegend, immerhin sollte nach der Aktivierung der 3D-Chip die Zeichnung der Fenster übernehmen und nicht mehr die CPU. Der Prozessor und auch der Arbeitsspeicher sollten durch die Aktivierung von Aero also entlastet werden. Tatsächlich kommt mir Windows 7 ab einem bestimmten Leistungsniveau auf gleicher Hardware schneller vor als Windows XP.
4. Verbessertes Fenster-Handling
Microsoft hat Windows 7 außerdem eine sehr praktische Feature-Gruppe zum verbesserten Handling von Fenstern spendiert. Zieht man nämlich ein beliebiges Fenster gegen den oberen Bildschirmrand, minimiert sich dieses. Löst man es wieder vom Bildschirmrand, nimmt es seine ursprüngliche Größe an. Gleiches gilt, wenn man ein Fenster gegen den linken
re
spektive rechten Bildschirmrand zieht. Nur wird das Fenster so nicht maximiert, sondern in der horizontalen geteilt, nimmt also genau die halbe Bildschirmbreite ein. Zu guter letzt gibt es noch das Schütteln, mit dem der Benutzer dafür sorgt, dass alle Fenster außer dem geschüttelten minimiert werden. Ein erneutes Schütteln stellt alle Fenster wieder her.
Vielleicht liest diesen Artikel ja der eine oder andere Windows-7-Benutzer und überdenkt seine Arbeitsweise anhand der Denkanstösse noch mal. Windows 7 macht das Arbeiten deutlich effizienter, wenn man es denn nur zulässt.
2 Antworten zu “Alles neu in Windows 7 und keiner nutzt es”
Diese Beobachtung scheint vielleicht auf einige Windows-Nutzer zuzutreffen — aber ganz sicher nicht auf alle.Es dauert eine gewisse Zeit bis man neue Features zu nutzen weiß. Manche nutzt man sofort, andere findet man vielleicht niemals gut. Ich habe bei mir selbst und in meinem Bekanntenkreis die Erfahrung gemacht, dass die Features (die du ja hier auch ansprichst) sehr wohl genutzt werden. Das Arbeiten geht leichter und auch schneller von der Hand.Auf der anderen Seite sehe ich bei sporadischen Windows7-Nutzern, dass sie wirklich versuchen alles wie bei XP/2000 zu nutzen. Ist ja auch verständlich, der Mensch ist ein Gewohnheitstier.Und sonst: Ein guter Aufruf die neuen und gute Funktionen auch mal zu nutzen!
<html><head></head><body style=“word-wrap: break-word; ‑webkit-nbsp-mode: space; ‑webkit-line-break: after-white-space; “><div>Sagte ich ja auch, zumeist, nicht immer ;-). Ich kenne leider keinen Nutzer von Windows 7, der die neuen Features wirklich ausnutzt. Diejenigen, die es täten arbeiten irgendwie allesamt mit Mac OS X oder einem Linux.</div><div><br></div><div>Zu deinem dritten Absatz: natürlich ist der Mensch ein Gewohnheitstier, aber würde Microsoft mehr Mühe investieren, die neuen Features an den Mann zu bringen, würden vielleicht auch die Gelegenheitsnutzer eher auf sie zurückgreifen.</div><div><br></div><div>Danke für deinen Kommentar :-).</div><div><br class=“Apple-interchange-newline”><blockquote type=“cite”> <div style=“width: 600px; font-size: 12px; font-family: Arial, Helvetica, sans-serif; line-height: 18px;” class=“PosterousEmail”></div></div></body></html>